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Hitzewellen und deren Folgen – drohen epidemische Ausmaße?

 

 

 

Die Hitzewellen 2018 und 2019 haben die Gesundheit und das Leben vieler Menschen schwer beeinträchtigt. 2020 und 2021 war die Hitze ein wenig erträglicher In diesen beiden Jahren machte uns dafür das Corona-Virus arg zu schaffen. Und 2022? Kommt es in diesem Jahr nun zum doppelten Angriff auf unser aller Wohlbefinden: mit einer neuen Corona-Variante und einer erneuten Hitzewelle?

 

Der Trend jedenfalls ist – zumindest was die Klimafaktoren betrifft - eindeutig: Ende Juli 2019 etwa wurde an 25 Wetterstationen des Deutschen Wetterdienstes über 40 Grad gemessen. Experten sind sich einig, dass ohne Klimaveränderungen die Temperaturrekorde um 1,5 bis 3 Grad geringer ausgefallen wären.

 

Das alles hat fatale Folgen für unsere Gesundheit. Nach Informationen des Robert-Koch-Instituts erhöht sich mit jedem Grad Celsius mehr die Mortalität um ein bis sechs Prozent. Die kardiovaskuläre Mortalität etwa konkret um 3,44 Prozent. Für Gesamtdeutschland wird die erhöhte Gesamtzahl zusätzlicher hitzebedingter Todesfälle im Zeitraum 2001 bis 2015 angesichts fünf überdurchschnittlich aufgetretener Hitzewellen in diesen 15 Jahren auf rund 27.000 geschätzt (2015 allein 6.100).

 

Die Todesursachen sind meist respiratorische oder kardiovaskuläre Erkrankungen. Insbesondere das Herzinfarktrisiko hat sich hitzebedingt signifikant erhöht. Deren Verläufe sind häufig tödlich. Für Patienten, die durch Diabetes oder erhöhte Blutfettwerte vorbelastet sind, trifft dies in ganz besonderer Weise zu. Ursache hierfür sind physiologische Veränderungen, die durch die Hitze ausgelöst werden und die die Wärmeabgabe über die Haut erschweren.

 

Der Kreis derer, bei denen extreme Hitzeereignisse zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen können, ließe sich beliebig erweitern: Er umfasst laut WHO neben Menschen mit starkem Übergewicht sowie chronischen Erkrankungen solche, die bestimmte Medikamente - wie Diuretika und blutdrucksenkende Mittel - einnehmen. Vor allem aber ältere, isoliert und in ungünstigen Wohnverhältnissen lebende und pflegebedürftige Menschen, sowie Menschen mit Demenz.

 

Was ist zu tun? Die Spanne notwendiger Maßnahmen reicht von Hitzeaktionsplänen über die Stadtplanung und den Bevölkerungsschutz bis hin zum behandelnden Arzt als letztem, aber vielleicht sogar wichtigstem Glied der Kette.

 

Anders als in einigen anderen europäischen Staaten existiert in Deutschland allerdings noch kein ausgeklügelter nationaler Hitzeaktionsplan mit konkreten Vorgaben. Bis jetzt gibt es lediglich Handlungsempfehlungen, die den kommunalen Behörden als Blaupausen für regionale Hitzeaktionspläne dienen.

 

Das Land Hessen gilt dabei als einer der Vorreiter. Der Hessische Aktionsplan zur Vermeidung hitzebedingter Gesundheitsbeeinträchtigungen verweist darauf, dass primär der ambulante vertragsärztliche Bereich aufgrund seiner Schlüsselrolle bei der Versorgung potenziell gefährdeter Personen wesentlich zur Prävention hitzeassoziierter Erkrankungen beitragen kann. Die kommunalen Gesundheitsdienste kommen dafür eher nicht in Frage. Denn: „Der öffentliche Gesundheitsdienst weiß gar nicht, wo zum Beispiel die Personen sind, die alt und hitzeanfällig sind und Hilfe brauchen in diesen Tagen.“ Hausärzte hingegen schon.

 

Die WHO empfiehlt darüber hinaus, dass Hausärzte bereits im Vorfeld heißer Tage Patienten mit einem besonderen gesundheitlichen Risiko identifizieren sollten, um bei einer auftretenden Hitzewelle schnell und gezielt Maßnahmen ergreifen zu können Bei chronisch Kranken sollten Hitzeberatungen sogar gleich in die Routineversorgung integriert werden.

 

Falls dies nicht gelingt und sich die Mortalität tatsächlich mit jedem Grad Celsius mehr um ein bis sechs Prozent erhöht, kann man sich ausmalen, dass dann eine neue – hitzebedingte – Epidemie entstehen könnte. Dazu wird dann nicht einmal mehr ein Virus benötigt.