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Cannabis legalisieren – vielleicht doch keine so gute Idee

 

 

Es steht im Koalitionsvertrag der Ampelkoalition und soll auch so rasch wie möglich umgesetzt werden: Die unter bestimmten Bedingungen mögliche Legalisierung von Cannabis ab dem Alter von 18 Jahren. Argumentiert wird dabei immer damit, dass Jugendliche dabei außen vor sind, weil der Suchtstoff bis zum Alter von 18 Jahren eben nicht legalisiert werden soll. Aber stimmt das wirklich? Will man den Experten des 51. Kinder- und Jugendärztetag 2022 in Berlin Glauben schenken, ist das wohl nicht der Fall. Im Gegenteil: Die gesundheitlichen, sozialen und psychischen Folgen des Cannabiskonsums werden gerade für Jugendliche massiv unterschätzt, sagt Prof. Rainer Thomasius von der Uniklinik eindrücklich und warnt daher vor der Legalisierung des Suchtstoffes.

 

Hierfür lieferte er in Berlin auch harte Fakten: Die Abhängigkeitsrate verdoppele sich (von 9 auf 17 Prozent), wenn mit dem Konsum von Cannabis bereits in der Adoleszenz begonnen wird. Bei täglichem Konsum ab dem Jugendalter könne der Grad der Abhängigkeit rasch auf bis zu 50 Prozent anwachsen, warnte der Vorsitzende der gemeinsamen Suchkommission der Kinder- und jugendpsychiatrischen Verbände. Eine Abhängigkeit, die bereits vor dem 15. Lebensjahr einsetzt, führe überdurchschnittlich häufig zum Schulabbruch.

 

Auch der wissenschaftliche Leiter des Kinder und Jugendärztetags, Prof. Klaus-Michael Keller stellte in Berlin klar, dass es sich bei Cannabis um keine harmlose Droge handelt und daher das „Nulltoleranzprinzip“ gelten müsse. Im Falle einer Legalisierung würde sie sich schneller weiter ausbreiten, weil sich der illegale Markt für unter 18-jährige nicht verringern und der legale Markt stark anwachsen würde. In Colorado sei der Anteil von Suiziden mit Cannabisbeteiligung seit der Legalisierung bei 10 bis 16-jährigen sogar auf das Doppelte gestiegen. Mit der Legalisierung konterkariert man zudem die bislang „ausgesprochen erfolgreiche“ Cannabispolitik in Deutschland, behauptet Thomasius. Seit 30 Jahren bewegt man sich bei jungen Menschen konstant bei einer niedrigen Cannabis-Konsumrate von zwei Prozent (Gesamtbevölkerung sogar nur 0,4 Prozent). Das droht nun „zerschossen“ zu werden, wenn der bis Ende 2022 vorliegende Gesetzentwurf der Ampelkoalition politisch durchgewunken würde.

Es war überfällig, dass der Kinder- und Jugendärztetag 2022 das Thema Cannabis in den Fokus gerückt hat. Unterstützt werden sie dabei auch von Kinder- und Jugendpsychiatern der TU Dresden. Sie haben herausgefunden, dass die im Schnitt 13,5 Jahre alten Cannabis-Konsumenten den Suchstoff häufig als Selbstmedikation ihrer psychischen Probleme ansehen oder ihn zur Entspannung konsumieren. Das ist fatal, weil bei zwei Drittel der Jugendlichen danach traumatische Erlebnisse auftreten und fast drei Viertel von ihnen unter psychischen Komorbiditäten leiden.

Eine Verharmlosung von Cannabis, die mit der Legalisierung zweifelsohne verbunden wäre, ist daher gerade für junge Menschen genau die falsche Botschaft. Setzt die Ampelkoalition ihre Ankündigung tatsächlich um, macht sie den Suchtstoff gesellschaftsfähig. Und genau diese Botschaft wird bei den Jugendlichen dann auch so ankommen.