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Psychische Belastungen durch Corona 2022 - Kinder erholen sich längst nicht so schnell wie erhofft

 

Die im Oktober 2022 noch unveröffentlichten ersten Trend-Ergebnisse der bundesweiten COPSY-Längsschnittstudie (Corona und Psyche) aus der vierten Befragungswelle sind alarmierend und überraschend zugleich. Warum? Weil die psychischen Belastungen bei Kindern weiterhin anhaltend hoch sind.

Dies geht aus neuen Vorab-Daten hervor, die Prof. Ulrike Ravens-Sieberer im Oktober 22 beim Herbst-Kongress des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) in Frankfurt/Main präsentiert hat. Nach den ersten Erkenntnissen aus der vierten Befragungswelle im Frühjahr 2022 zeigt sich, dass die meisten psychischen Belastungsfaktoren bei Kindern und Jugendlichen heute immer noch deutlich stärker ausgeprägt sind als vor Beginn der Pandemie.

Konkrete Auswertungsdaten liegen zwar für die vierte Welle noch nicht vor. Dennoch könne man generell von einer Verstetigung der Ergebnisse aus der dritten Welle sprechen, so Ravens-Sieberer. Das hat die Wissenschaftler in diesem Ausmaß doch überrascht. Kinder und Jugendliche haben sich von den psychischen Belastungen durch die Corona-Pandemie noch längst nicht so erholt, wie das erhofft und von Fachleuten auch prognostiziert worden ist.

So fühlten sich nach Daten aus dieser dritten Befragung im Herbst 2021 82 Prozent der 1600 befragten Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen sieben und 17 Jahren durch die Pandemie belastet. Während vor der Pandemie bei 18 Prozent der Altersgruppe psychische Auffälligkeiten festgestellt wurden, waren es in der dritten Welle 27 Prozent.

Bei den zwei- bis sechsjährigen Kita-Kindern waren im März 2021 sogar 35,5 Prozent der Kinder psychisch belastet. Ulrike Ravens-Sieber: „Diese Werte bleiben nun auch bei der vierten Befragung 2022 stabil.“

Auch unter einer schlechteren Lebensqualität leiden heute immer noch doppelt so viele Kinder und Jugendliche als vor der Pandemie. Besonders belastend wirkt sich dabei das immer noch eingeschränkte Verhältnis zu Freunden und der Peer-Group und besonders der zunehmende Streit in den Familien aus, der mit der Zeit sogar noch häufig weiter eskaliert ist.

Besonders dramatisch sind laut Ravens-Sieberer die Folgen der Corona-Pandemie im Hinblick auf sportliche Aktivitäten im Kindes- und Jugendalter. Während vor der Pandemie vier Prozent aller Kinder keinen Sport trieben, sind es derzeit nach einem Peak in der zweiten Befragung (36 Prozent) immer noch 15 Prozent aller Kinder.

Wie erwartet erhöhen auch weiterhin die bekannten Risikofaktoren wie niedriger Bildungsgrad der Eltern, eine psychische Krankheit der Eltern, Migrationshintergrund und das Wohnen in beengten Verhältnissen das psychosomatische Risiko von Kindern.

Allerdings klafft dabei nach Angaben von Ravens-Sieberer die Schere zwischen Kindern aus Familien mit Kindern mit sozialökonomischen niedrigen Status und einem höheren Status nicht weiter auseinander. Dies zeigt, dass Kinder aus allen Schichten unter der Pandemie leiden. Und was uns allen auch erst klar werden muss: Kinder, die ab dem Frühjahr 2020 geboren worden sind und bald 3 Jahre alt sind, kennen ein Leben ohne coronabedingte Einschränkungen gar nicht mehr. Dass sich da negative Trends verstetigen und auf die Psyche von Kindern nachhaltig durchschlagen, ist so verwunderlich dann auch wieder nicht.