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Niedrige Schulbildung - miserable Jobperspektiven – hohe Gesundheitsrisiken – wir brauchen einen Doppel-Wumms!

 

 

Trotz einer Vielzahl offener Stellen sehen die beruflichen Perspektiven für Jugendliche mit niedriger Schuldbildung oder für junge Menschen ohne jeglichen Schulabschluss nach wie vor äußerst düster aus. Und das hat gravierende Folgen – nicht nur für die berufliche Entwicklung, sondern auch für das gesundheitliche Wohlergehen.

 

Nach den Ergebnissen einer Umfrage der Bertelsmann-Stiftung und der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung zu den Ausbildungs- und Zukunftsperspektiven von Jugendlichen mit niedriger Schuldbildung, an der insgesamt 100 Vertreter aus Wirtschaft, Verwaltung Bildungspraxis, Wissenschaft und Gesellschaft teilgenommen haben, sehen die ernüchternden Befunde im Detail wie folgt aus:

 

-       Mehr als ein Drittel – 35,8 Prozent der Schüler mit Erstem Schulabschluss – fanden keinen Ausbildungsplatz – trotz vieler unbesetzter Ausbildungsstellen.

-       Junge Menschen ohne jeglichen Schulabschluss fanden sogar in nahezu zwei Drittel aller Fälle (64,4 Prozent) keinen Ausbildungsplatz.

-       Die Beschäftigungsmöglichkeiten für Jugendliche, die keinen oder maximal einen Ersten Schulabschluss – ehemals Hauptschulabschluss – vorweisen können, werden bis 2030 sogar noch abnehmen.

 

Zu dieser Einschätzung gelangen 61 Prozent der befragten Experten. Kein Wunder, dass es 82 Prozent der Befragten daher auch für unwahrscheinlich halten, dass die enge Kopplung zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg im Jahr 2030 durchbrochen werden kann.

 

Doch wie sähe der Weg zu besseren Jobchancen von Jugendlichen mit geringer Schulbildung oder ohne Bildungsabschluss aus? Auch dazu haben fast 90 Prozent der Befragten eine klare Meinung: Die Berufsorientierung muss individueller, verbindlicher und praxisnäher gestaltet werden. Dies gilt umso mehr, als 53 Prozent auch mit steigenden Qualifikationsanforderungen in den Ausbildungsberufen rechnen, die für Jugendliche mit niedrigeren Schulabschlüssen relevant sind. Über 42 Prozent sehen das zumindest teilweise so.

 

Diesen Anforderungen kann nur mit einer Flexibilisierung des Ausbildungssystems (Modularisierung/Teilqualifikationen) begegnet werden, meint die deutliche Mehrheit der Befragten (61 Prozent). So erwarten gar 70 Prozent, dass Betriebe zunehmend Menschen mit Teilqualifikationen nachfragen werden. Doch die Experten sind skeptisch. 60 Prozent glauben nicht, dass all dies gelingen wird.

 

Um Jugendlichen aus Familien mit geringem Bildungshintergrund eine berufliche Perspektive zu bieten, muss daher erheblich mehr in die frühe Bildung dieser vielfach benachteiligten jungen Menschen investiert werden, da bereits frühkindlich ganz wesentlich die Weichen für den späteren Schulerfolg gestellt werden. Falls dies weiter nicht gelingt, werden sich nicht nur die Beschäftigungsmöglichkeiten für Jugendliche, die keinen oder maximal einen Ersten Schulabschluss haben, weiter drastisch verschlechtern.

 

Auch der Gesundheitsstatus dieser jungen Menschen wird darunter zunehmend leiden. Bekanntermaßen sind Jugendliche ohne Bildungsabschluss besonders gefährdet, in den Alkohol zu flüchten oder ihre Frusterlebnisse mit Drogen zu kompensieren. Bei einem Teil dieser jungen Menschen nimmt auch die Gewaltbereitschaft zu, weil sie damit ihre Aggressionen besser abbauen können. Das berufliche Scheitern kann aber auch dazu führen, dass sich Adoleszente zunehmend isolieren, vereinsamen und damit zu Außenseitern der Gesellschaft werden. Angststörungen und Depressionen sind Folgen, die aus diesem Teufelskreis resultieren können.

 

Fazit und Conclusio: Um genau diese drohende Kettenreaktionen zu verhindern, müssen Kinder aus sozial benachteiligten Familien von frühestem Alter an gezielt kompensatorisch gefördert werden. Beginnend bereits in der Kita über die Grund- bis hin zur weiterführenden Schule und später auch in der Ausbildung. Gelingt dies nicht, sind berufliches Scheitern und hohe gesundheitliche Risiken – und Kosten - vorprogrammiert. Deshalb lohnt sich jede zusätzliche Investition in frühkindliche Bildung gleich doppelt. Quasi ein Doppel-Wumms!                             Raimund Schmid