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Klimakrise ist auch eine Kommunikationskrise

Daran besteht heute kein Zweifel mehr. Der Klimawandel beeinflusst unsere Gesundheit massiv. Dennoch passiert in Richtung Klimaschutz von uns allen, aber explizit auch von Seiten der Politik und der Ärzteschaft, viel zu wenig. Doch warum ist das so und was muss passieren, dass sich das endlich rasch ändert?

Antworten darauf liefert jetzt die Universität Erfurt, die mit ihrem neuen 2023 offiziell gegründeten „Institute for Planetary Health Behaviour“ (Institut für klimagesundes Verhalten, „IPB“) unter der Leitung der Psychologin Prof. Dr. Cornelia Betsch die Verursacher des Klimawandels in den Fokus der Forschung rückt: und zwar den Menschen und sein Verhalten. Um eine bessere Klima- und Gesundheitskommunikationen auf eine solide wissenschaftliche zu stellen, führt das IPB regelmäßig deutschlandweit Quotenstichproben durch. Die jüngsten beiden Umfragewellen fanden im November 2022 und im Januar 2023 statt und bezogen je 1.000 Bundesbürger ein. 3 zentrale Erkenntnisse daraus sind:

Wir wollen immer nur in guter Gesellschaft handeln

Dabei wird das Engagement von anderen massiv unterschätzt. Nur 31 Prozent der vom IPB-Befragten glaubt, dass die Menschen den Klimaschutz in Deutschland stark unterstützen. Dabei sind es tatsächlich 50 Prozent. Dies belegt die unzureichende Kommunikation beim Thema Klimaschutz, die sich hemmend auf das persönliche Handeln auswirkt.

Die Wissenschaft agiert zu verhalten

Lobbyisten übertreiben häufig und erreichen so zumindest teilweise ihre politischen Ziele. Wissenschaftler hingegen machen immer eher Klammern um ihre Ergebnisse und kommunizieren diese auch zumeist sehr verhalten. Sie relativieren damit ihre eigenen Ergebnisse. Daher ist nur ein Bruchteil ihrer Ergebnisse politisch relevant.

Hohe Vertrauensbasis zu Ärzten wird nicht genutzt

73 Prozent schenken den Worten ihrer Ärzte Glauben. Nur 13 Prozent vertrauen ihnen wenig oder gar nicht. Damit liegen die Medizinner: innen noch deutlich vor den ohnehin als hoch vertrauenswürdig geltenden Wissenschaftlern (62 Prozent). Etwa die Hälfte aller Bundesbürger traut dagegen lediglich den Politikern oder auch den öffentlich-rechtlichen Medien. Das ist deshalb besonders fatal, weil die meisten Informationen zum Klima aus dem politischen/medialen Bereich stammen. So führt die Debatte weg von wissenschaftlichen Fakten. Das schreckt viele Menschen ab.

Gespräche in der Arztpraxis finden also zumeist in einem besonders vertrauenswürdigen Rahmen statt. Ein Bonus, der aber von vielen Medizinern noch viel zu wenig genutzt wird. Unter Mediziner: innen gibt es zwar bereits sehr viel ehrenamtliches Engagement. Mit speziellen Klimasprechstunden, für die es jedoch mehr Fortbildungs- und Kommunikationsangebote und Honorarziffern geben müsste, könnte die Beratungspraxis jedoch besser strukturiert und professionalisiert werden. Und zwar– so Betsch „auf einem anerkannten Label.“

Ansätze hierfür gibt es bereits: Der Hausärzteverband Nordrhein will nun auf breiter Ebene Fortbildungen für hausärztliche Praxen etablieren und bereits in die allgemeinmedizinische Weiterbildung integrieren.

Es fehlt ein parteiübergreifendes Klimaschutz-Paket

Das allein wird jedoch nicht ausreichen, ist Cornelia Betsch überzeugt. Die Bürger müssten ihrer Ansicht nach zusammen mit den Ärzten so lange Druck machen, bis daraus ein parteiübergreifendes Klimaschutz-Paket erwächst, das effizientes und nachhaltiges Handeln ermöglicht. Dies befürworten laut IPB-Umfragen zufolge über 70 Prozent der Befragten. Und nur so kann ein größerer Wurf hin zu einer gesundheitsverträglicheren Klimapolitik funktionieren.

Wie schlecht die Klimakommunikation funktioniert, zeigt die Erfurter Wissenschaftlerin an den Umfrageergebnissen zum Tempolimit auf. 54 Prozent der Bevölkerung wünschen sich ein Tempolimit, 15 Prozent sind unentschlossen – und nur 31 Prozent sind dagegen. Und dennoch kommt die Politik beim Tempolimit nicht in Fahrt. Dies liegt laut Betsch daran, dass darüber eine parteipolitisch dominierte und emotional aufgeladene Kommunikation stattfindet, die von den eigentlichen Inhalten und Fakten wegführt. Um das zu verändern, bräuchten „wir versierte Kommunikatoren“ - hauptamtliche Profis also - die in den Lage sind, anschaulich und fachlich fundiert über Maßnahmen zu reden und damit die Menschen eher für den Klimaschutz zu motivieren und zu eigenen Aktivitäten anzuregen.“ Zudem fehlt eine übergeordnete Einrichtung, die dauerhaft, verständlich und unabhängig ausschließlich über den Klimawandel informiert. Etwa eine Bundeszentrale für Klimakommunikation analog zur Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Erst dann wird der gesellschaftliche Austausch über Klimaschutz, Klimapolitik und Klimafolgenanpassung gut kommuniziert und auf einem ganz anderen Niveau stattfinden können.

 

Recht hat sie, die Wissenschaftlerin. Ihr Plädoyers für mehr Klimasensibilität und einer stark zu verbessernden Klimmkommunikation passt exakt zur politischen Großwetterlage, der groß verkündeten Zeitenwende. Aufgrund der wissenschaftlichen Faktenlage auch bei der Klimapolitik eine zwingende Notwendigkeit. Dass es hierfür noch solch spektakulärer Aktionen von der Letzten Generation bedarf, ist wirklich das Allerletzte.                                                 Raimund Schmid