Warum ein ganz früher Zuckerverzicht ein Segen nicht nur für Kinder wäre
Manchmal ist die Rechnung ganz einfach und gar nicht teuer. Würde man es schaffen, die Zuckeraufnahme bereits in den ersten 1.000 Tagen von der Empfängnis bis zum zweiten Lebensjahr zu begrenzen, würden schon weniger Kinder und später Erwachsene an Typ-2-Diabetes (T2D) und Hypertonie erkranken.
Den Wissenschaftlern der University of Southern California in Los Angeles gebührt großer Dank, dass sie das herausgefunden haben. 2 weitere Detailergebnisse sind zudem hoch relevant: Je länger die Zuckerdosis reduziert wird. umso größer ist, Zudem zeigt sich bei Mädchen und Frauen ein deutlicherer Effekt als beim männlichen Geschlecht.
Die Daten der Forscher umfassen dabei für Studien ungewöhnliche Zeiträume, die bis zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts zurückreichen. Konkret bis ins Jahr 1951, einer Zeit, in der durch die Zuckerrationierung in Großbritannien bis 1953 der Zuckerverbrauch auf weniger als 41 Gramm pro Tag begrenzt war und Kinder unter zwei Jahren überhaupt keinen Zucker erhielten. Danach verdoppelte sich dann ab 1953 der Zuckerkonsum und erreichte 1954 wieder 80 Gramm pro Tag.
In die Studie eingeflossen sind nun Daten von etwa 60.000 Personen im jetzigen Alter von 51 bis 66 Jahren. Die Zucker-Rationierungsgruppe umfasste die Geburtsjahrgänge von 1951 bis 1954, die Kontrollgruppe, die Zucker wieder konsumierte, die Geburtsjahrgänge 1954 bis März 1956. Die Familienanamnese für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen waren dabei vergleichbar.
Die Ergebnisse sind verblüffend: Das Risiko der Studienteilnehmer, die nur als Kind in der Gebärmutter der Zuckerrationierung ausgesetzt waren, war hinsichtlich einer Erkrankungswahrscheinlichkeit von T2D um 15 Prozent und für Hypertonie um 6 Prozent reduziert. Wenn die Erkrankungen dennoch auftraten, war dies bei Diabetes 1,46 Jahre und bei Hypertonie 0,53 Jahre später der Fall.
Nach über einem Jahr oder längerer Zuckerreduzierung fiel das T2D-Risiko sogar um 38 und das Hypertonierisiko um 21 Prozent geringer aus. Und auch der Krankheitsbeginn trat in dieser Gruppe deutlich später (bei Diabetes 4 Jahre und bei Hypertonie 2 Jahre) ein.
Wie gesagt, die Rechnung wäre nun eigentlich ganz einfach. Wenn schwangere und später Eltern es schaffen würde, den Zuckerkonsum in ihrer Familie abzusenken, wäre schon viel – was die spätere Gesundheit ihrer Kinder betrifft – gewonnen. Noch mehr wäre aber gewonnen, wenn die Politik sich endlich dazu aufraffen würde, Süßwaren mit hohem Zuckergehalt auch entsprechend hoch zu besteuern. Das würde zumindest einen Teil der Eltern vom Kauf solcher extrem gesüßter und ungesunder Produkte abschrecken oder – aus finanziellen Gründen – daran hindern. Dass eine solche Strategie aufgehen kann, zeigen die Länder, die schon süße Softdrinks einer extrem hohen Steuer unterworfen haben. Man muss es halt – auch gegen die Interessen der einschlägigen Industrie – politisch nur wollen. Und genau das ist das Problem, dass die Rechnung am Ende dann doch oft nicht so einfach ist und dann auch noch teuer wird.